BGH, Urteil v. 11.4.2013 – I ZR 152/11 – Internet-Videorecorder II

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

I ZR 152/11

Verkündet am: 11. April 2013

Internet-Videorecorder II

UrhG § 87 Abs. 5; UrhWG § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 und 2 Satz 2

Die Frage der (gegenseitigen) Verpflichtung eines Kabelunternehmens und eines Sendeunternehmens aus § 87 Abs. 5 UrhG zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung ist in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG auch dann zunächst von der Schiedsstelle zu beantworten, wenn sie nicht im Wege der Klage, sondern in einem Klageverfahren im Wege des Zwangslizenzeinwands aufgeworfen wird. Das Gericht hat den Rechtsstreit beim Vorliegen der Voraussetzungen des Zwangslizenzeinwands in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG auszusetzen, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen.

BGH, Urteil vom 11. April 2013 – I ZR 152/11 – OLG Dresden LG Leipzig

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Juli 2011 (14 U 1071/06) unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist ein Sendeunternehmen. Sie strahlt das Fernsehprogramm „RTL“ aus. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 bis zum 5. Oktober 2005 waren, bietet seit dem 10. März 2005 auf der Internetseite „www.shift.tv“ unter der Bezeichnung „Shift.TV“ einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ („PVR“) zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an. Damit kann ein Kunde aus den über Antennen frei empfangbaren Fernsehprogrammen – auch dem der Klägerin – Sendungen auswählen, abspeichern lassen und über das Internet jederzeit beliebig oft ansehen oder herunterladen. Zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens haben mindestens 100 Kunden Vervielfältigungen bestimmter Sendungen aus dem Programm der Klägerin bestellt und erhalten. Die Klägerin hat mit ihrer Streithelferin, der VG Media, den „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ geschlossen, der mit Wirkung zum 31. Dezember 2010 gekündigt worden ist.

Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten zu 1 – soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung – in mehrfacher Hinsicht eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG. Sie nimmt die Beklagten auf Unterlassung und im Wege der Stufenklage – zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs – zunächst auf Auskunftserteilung in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben (LG Leipzig, ZUM 2006, 753 = CR 2006, 784). Es hat den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,

1. das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon zu vervielfältigen und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu senden und/oder im Wege des sogenannten Online-Streaming zu übermitteln, das heißt über das Internet zu übertragen, und/oder für Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wie unter „www.shift.tv“ angeboten;

2. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „RTL“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren.

Ferner hat das Landgericht die Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Dresden, ZUM 2007, 203 = CR 2007, 662). Auf die Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 22. April 2009 – I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 = WRP 2009, 1001 – Internet-Videorecorder I). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst. Es hat den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,

1. das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon weiterzusenden, insbesondere wie derzeit unter „www.shift.tv“ angeboten (das heißt wie bei Anhängigkeit [der Klage] am 24. Oktober 2005 aus der Klage mitsamt Anlagen ersichtlich);

2. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „RTL“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren.

Darüber hinaus hat es die Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin und ihre Streithelferin beantragen, verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Mit der Anschlussrevision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat – nach Einholung eines Sachverständigengutachtens – angenommen, das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten verletze nicht das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Auch liege kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin vor, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen. Eine Verurteilung nach dem auf die konkrete Verletzungsform begrenzten Unterlassungsantrag und dem hierauf bezogenen Auskunftsantrag habe jedoch wegen Verletzung des Rechts der Klägerin, ihre Funksendungen weiterzusenden, zu erfolgen.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Anschlussrevision der Klägerin ist nicht begründet (dazu I). Die Revision der Beklagten hat dagegen Erfolg (dazu II). Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (dazu III).

I. Die Anschlussrevision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten zu 1 verletze nicht das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (dazu 1), und es liege auch kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin vor, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (dazu 2).

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten zu 1 verletze nicht das ausschließliche Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen und damit zu vervielfältigen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Im Aufzeichnen von Sendungen der Klägerin mittels des Online-Videorecorders liege zwar ein Eingriff in ihr Vervielfältigungsrecht. Dieser Eingriff sei aber von der Privatkopierschranke des § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckt. Hersteller der Aufzeichnung sei nicht die Beklagte zu 1, sondern der privilegierte Nutzer. Er löse durch seine Programmierung der Aufzeichnung einen rein technischen Vorgang aus, der wie die Beweisaufnahme ergeben habe vollständig automatisiert ohne menschlichen Eingriff von außen ablaufe. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Anschlussrevision greifen nicht durch.

a) Die Anschlussrevision macht ohne Erfolg geltend, die Beurteilung des Berufungsgerichts stehe im Widerspruch zum Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. . Nach Anlage 9 seines Gutachtens laute die Ergebnismeldung zwar „moved“; zugleich werde aber mehrfach der Begriff „copied“ verwandt. Dies lasse den Schluss zu, dass die kundenindividuelle Videodatei erst durch eine Kopie der auf dem Aufnahmeserver als Masterkopie gespeicherten Videodatei erzeugt werde. Bereits die Speicherung dieser Masterkopie greife in das Vervielfältigungsrecht der Klägerin nach § 16 UrhG ein und sei nicht von der Schrankenbestimmung des § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG gedeckt.

Mit diesem Vorbringen versucht die Anschlussrevision lediglich, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch ihre eigene zu ersetzen, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts darzutun. Das Berufungsgericht hat dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. S. entnommen, dass vom ersten Schritt eines Aufnahmeprozesses an stets eine individuelle Kundenkopie vorliegt. Auf der Festplatte des Aufnahmeservers werde zunächst eine einzelne Videodatei gespeichert. Diese werde sodann in ein kundenspezifisches Verzeichnis im „Storage Cluster“ verschoben. Dass es sich hierbei um ein Verschieben handele, ergebe sich aus den Feststellungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. . In der Anlage 9 seines Gutachtens finde sich zwar mehrfach der Begriff „copied“; die Ergebnismeldung laute aber „moved“, also verschoben. Auch der Sachverständige Prof. Dipl.-Ing. H. gelange zu dem Ergebnis, dass bereits die erste Speicherung kundenindividuell erfolge und keine Anzeichen für die Speicherung einer Masterkopie bestünden. Der Speicherplatz des Kunden müsse sich nicht nur im „Storage Cluster“ befinden; er könne auch auf dem Aufnahmeserver liegen.

Die Verwendung des Begriffs „copied“ lässt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts demnach nicht darauf schließen, dass zunächst auf dem Aufnahmeserver eine Masterkopie und sodann von dieser – auf dem Aufnahmeserver verbleibenden – Masterkopie im „Storage Cluster“ eine kundenindividuelle Kopie erzeugt wird. Das Berufungsgericht hat zwar ausgeführt, selbst wenn der Speicherplatz der individuellen Videodatei auf dem Festplattenverbund der Beklagten zu 1 nicht nur für den jeweiligen Kunden in Anspruch genommen würde, wären diese Speicherungen auf dem Aufnahmeserver im Blick auf die Speicherung im „Storage Cluster“ nach § 44a UrhG zulässig. Dabei handelt es sich jedoch ersichtlich nur um eine Hilfserwägung. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob auf dem Aufnahmeserver eine Masterkopie oder eine kundenindividuelle Kopie gespeichert wird, entgegen der Ansicht der Anschlussrevision nicht offengelassen, sondern im letzteren Sinne beantwortet. Es kann deshalb in der Revisionsinstanz nicht zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1 auf dem Aufnahmeserver eine Masterkopie gespeichert hat. Die gegen die (Hilfs-)Erwägung des Berufungsgerichts, eine solche Speicherung wäre von der Schrankenbestimmung des § 44a UrhG gedeckt, gerichteten Angriffe der Anschlussrevision gehen deshalb ins Leere.

b) Die Anschlussrevision rügt, die Feststellung des Berufungsgerichts, die Kunden der Beklagten speicherten die von ihnen ausgewählten Sendungen in einem vollautomatischen Vorgang selbst in einer kundenspezifischen Videodatei, entbehre einer hinreichenden Grundlage. Um den Aufnahmevorgang nachvollziehen zu können, hätte es nach den eigenen Erklärungen des Sachverständigen Prof. Dr. S. einer genauen Untersuchung der IT-Struktur des Systems der Beklagten bedurft. Eine solche habe jedoch nicht stattgefunden. Auch diese Rüge der Anschlussrevision bleibt ohne Erfolg.

Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. S. hat den Echtbetrieb des Systems der Beklagten von einem entfernten Computer aus per „Remote Login“ beobachtet und die Vervielfältigungsvorgänge anhand von Aufnahmeaufträgen nachvollzogen. Das Berufungsgericht hat in den Beobachtungen und Feststellungen des Sachverständigen ohne Rechtsfehler eine ausreichende Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen gesehen. Insbesondere ist es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für eine Beobachtung von Servern nach dem vom Sachverständigen vermittelten Stand der Technik ausreichend und üblich, eine Diagnose von einem autorisierten Arbeitsplatzrechner aus durchzuführen.

Der Sachverständige hat es entgegen der Darstellung der Anschlussrevision auch nicht für erforderlich erachtet, die IT-Struktur der Beklagten genau zu untersuchen, um den Aufnahmevorgang nachvollziehen zu können. Er hat zwar – im Blick auf entsprechende Vermutungen der Klägerin – erklärt, Manipulationen könnten nur durch einen Nachbau der kompletten IT-Struktur der Beklagten mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden. Das Berufungsgericht hat eine solche Gewissheit über den Ausschluss einer Manipulation jedoch mit Recht nicht für erforderlich gehalten. Es hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die rein theoretische Möglichkeit einer Manipulation, die sich – wie vom Sachverständigen festgestellt – auf keine tragfähigen Anhaltspunkte stützen könne, nichts an seiner Überzeugung von einer Vollautomatisierung ändere.

c) Die Anschlussrevision macht vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe Verfahrensgrundrechte der Klägerin verletzt, weil es dieser den entscheidenden Teil des Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. S. nicht zugänglich gemacht habe, in dem es um die technischen Einzelheiten der Programmierung und der Funktionsweise des Aufzeichnungsverfahrens gehe.

Das Berufungsgericht hat angenommen, die Begutachtung der technischen Einzelheiten der Programmierung und der Funktionsweise des Aufzeichnungsverfahrens von „Shift.TV“ berühre Geschäftsgeheimnisse der Beklagten zu 1. Diese seien – entsprechend den Grundsätzen der Entscheidung „Lichtbogenschnürung“ (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2009 – X ZB 37/08, BGHZ 183, 153) – in der Weise zu schützen, dass die Einsicht in das Gutachten auf rechtsanwaltliche Vertreter der Klägerin und ihrer Streithelferin beschränkt und diese insoweit umfassend zur Verschwiegenheit verpflichtet würden. Die Interessen der Klägerin seien zusätzlich dadurch gewahrt, dass ihr der Sachverständige Prof. Dipl.-Ing. H. beigeordnet worden sei. Er habe das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen auch im nicht-öffentlichen Teil für die Klägerin überprüfen und eventuelle Zweifel und Einwendungen an der Richtigkeit der Ausführungen aufzeigen können. Dementsprechend habe er das Gutachten vom 18. Februar 2011 erstellt und an der Erörterung im Termin vom 3. Mai 2011 teilgenommen.

Die Anschlussrevision rügt ohne Erfolg, die Grundsätze der Entscheidung „Lichtbogenschnürung“ seien nicht anwendbar, weil die Beklagten nicht im Einzelnen dargelegt hätten, welche Geschäftsgeheimnisse das Gutachten offenbare und welche Nachteile den Beklagten aus einer Offenbarung drohten. Entgegen der Darstellung der Anschlussrevision haben die Beklagten dargelegt, dass die – allein dem Geschäftsführer der Beklagten und seinen Mitarbeitern bekannte – Funktionsweise und Programmierung des Aufzeichnungsverfahrens die Grundlage des Geschäfts der Beklagten bildet, die Ausgestaltung dieses Verfahrens die Geschäfte der Wettbewerber voneinander unterscheidet und seine Offenlegung daher zur Einbuße eines entscheidenden Wettbewerbsvorteils der Beklagten führte. Damit haben die Beklagten hinreichend dargelegt, dass die Begutachtung des Aufzeichnungsverfahrens schützenswerte Geschäftsgeheimnisse berührt.

2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, das Angebot der Beklagten zu 1 verstoße auch nicht gegen das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Die Beklagte zu 1 leite Sendungen der Klägerin unmittelbar an die Online-Videorecorder einzelner Kunden weiter und halte die Sendungen deshalb nicht in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf für eine Öffentlichkeit bereit. Auch Speicherungen auf dem Aufnahmeserver halte die Beklagte zu 1 nicht vor.

Die Anschlussrevision rügt auch insoweit ohne Erfolg, die Sendungen der Klägerin würden nicht als kundenindividuelle Vervielfältigungen gespeichert; jedenfalls auf dem Aufnahmeserver der Beklagten würden Kopien für eine unbestimmte Vielzahl von Nutzern vorgehalten. Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts ist diese Behauptung der Klägerin unzutreffend (vgl. oben Rn. 12 ff.). Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision macht die Beklagte zu 1 die Sendungen der Klägerin auch nicht dadurch öffentlich zugänglich, dass sie diese an ihre Kunden weiterleitet. Die Beklagte zu 1 macht die Sendungen der Klägerin damit ihren Kunden zwar zugänglich; sie macht sie aber nicht öffentlich zugänglich, weil sie die Sendungen jeweils nur einzelnen Kunden zur Verfügung stellt und nicht in ihrer Zugriffssphäre für eine Öffentlichkeit zum Abruf bereithält (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 27 – Internet-Videorecorder I; vgl. ferner BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 19 – Vorschaubilder I).

II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe das ausschließliche Recht der Klägerin als Sendeunternehmen, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG), widerrechtlich verletzt, hält den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin auch dann berechtigt ist, die erhobenen Ansprüche auf Unterlassung und Auskunftserteilung wegen einer Verletzung ihres Weitersenderechts geltend zu machen, wenn sie die zur Weitersendung ihrer Funksendungen an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechte mit dem „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ der VG Media zur Wahrnehmung übertragen haben sollte. Es kommt daher in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste oder um eine neue Nutzungsart handelt. Die Klägerin ist in jedem Fall – entgegen der Ansicht der Revision – sowohl für die Zeit des Bestehens dieses Wahrnehmungsvertrages (dazu a) als auch für die Zeit danach (dazu b) aktivlegitimiert.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin sei zur Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin geschlossenen Wahrnehmungsvertrages aktivlegitimiert gewesen. Der Wahrnehmungsvertrag habe nicht zu einer vollständigen (translativen) Übertragung der Weitersenderechte auf die Streithelferin und somit zu einem völligen Verlust dieser Rechte für die Klägerin geführt. Die Klägerin habe der Verwertungsgesellschaft durch den Wahrnehmungsvertrag die ausschließlichen Nutzungsrechte vielmehr lediglich (konstitutiv) zur Wahrnehmung eingeräumt. Dafür spreche auch der Übertragungszweckgedanke. Die Klägerin könne eine Verletzung des Weitersenderechts geltend machen, weil sie an der Rechtsverfolgung ein eigenes schutzwürdiges Interesse habe. Dieses ergebe sich daraus, dass die Klägerin an den Einnahmen zu beteiligen sei, die die Streithelferin aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte erziele. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Einwände der Revision greifen nicht durch.

aa) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der Wortlaut von § 1 Ziff. 1 des Wahrnehmungsvertrages, wonach der VG Media das Weitersenderecht als Treuhänderin zur ausschließlichen Wahrnehmung übertragen werde, und die damit inhaltlich übereinstimmende Bestimmung von § 2 Nr. 1 der Satzung der VG Media, wonach Gegenstand der Gesellschaft die treuhänderische Wahrnehmung der ihr von den Berechtigten übertragenen Rechte sei, könnten aus Sicht eines objektiven Dritten nur dahin verstanden werden, dass das Weitersenderecht im Sinne einer translativen Rechtsübertragung vollständig auf die VG Media übergegangen sei, so dass die Klägerin für die Dauer des Vertrages nicht aktivlegitimiert gewesen sei. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der im „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ verwandte Begriff „Rechtsübertragung“ – auch aus Sicht eines objektiven Dritten – nicht die (translative) Übertragung, sondern die (konstitutive) Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechten bezeichnet.

Vorbild aller Wahrnehmungsverträge ist der Wahrnehmungsvertrag der GEMA als der ältesten Verwertungsgesellschaft. Er stammt aus der Zeit vor Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes. Zu jener Zeit konnte das Urheberrecht noch übertragen werden (vgl. § 8 Abs. 3 LUG und § 10 Abs. 3 KUG). Aus diesem Grund ist im Wahrnehmungsvertrag der GEMA von einer Übertragung der Urheberrechte die Rede. Der Wortlaut dieses Wahrnehmungsvertrages ist unverändert geblieben, obwohl das Urheberrecht – von hier nicht in Rede stehenden Ausnahmen abgesehen – nicht mehr übertragen werden kann, sondern an ihm nur noch Nutzungsrechte eingeräumt werden können (vgl. §§ 29, 31 UrhG). Die Wahrnehmungsverträge jüngerer Verwertungsgesellschaften haben sich den Sprachgebrauch des Wahrnehmungsvertrags der GEMA zu eigen gemacht. Aus der objektiven Sicht eines informierten Dritten ist danach klar, dass mit der „Übertragung der Urheberrechte“ im Sinne der Wahrnehmungsverträge die „Einräumung von Nutzungsrechten am Urheberrecht“ im Sinne des Urheberrechtsgesetzes gemeint ist.

Entsprechendes gilt für Leistungsschutzrechte und Nutzungsrechte, die allerdings – anders als das Urheberrecht – nach wie vor übertragen werden können (vgl. für das hier in Rede stehende Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens § 87 Abs. 3 Satz 1 UrhG, für Nutzungsrechte § 34 UrhG). Es kann aus der objektiven Sicht eines Dritten nicht angenommen werden, dass der Wortlaut der Wahrnehmungsverträge in unterschiedlichem Sinne zu verstehen ist, je nachdem, ob der Vertragspartner der Verwertungsgesellschaft ein Urheber, ein Leistungsschutzberechtigter oder ein Nutzungsberechtigter ist. Dass auch der hier in Rede stehende „Wahrnehmungsvertrag Fernsehen“ mit der „Rechtsübertragung“ die „Rechtseinräumung“ meint, ergibt sich zudem, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, aus § 2 des Wahrnehmungsvertrages, wonach die Streithelferin die ihr von der Berechtigten zur Wahrnehmung „eingeräumten“ Rechte im eigenen Namen ausübt.

bb) Die Revision macht weiter vergeblich geltend, der vom Berufungsgericht angeführte Übertragungszweckgedanke sei nicht anwendbar, weil es im Streitfall – anders als in den vom Berufungsgericht herangezogenen Senatsentscheidungen „Mambo No. 5“ (BGH, Urteil vom 4. Dezember 2008 – I ZR 49/06, GRUR 2009, 939 = WRP 2009, 1008) und „Nutzung von Musik für Werbezwecke“ (BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 – I ZR 226/06, GRUR 2010, 62 = WRP 2010, 120) – nicht um das Urheberrecht und das enge geistige Band zwischen Werk und Urheber, sondern um ein Leistungsschutzrecht, nämlich das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens und die organisatorischwirtschaftliche Leistung der Veranstaltung oder Durchführung von Funksendungen gehe.

Entgegen der Ansicht der Revision gilt der Übertragungszweckgedanke auch für die Einräumung von Leistungsschutzrechten. Für Rechtseinräumungen durch Sendeunternehmen ergibt sich dies bereits aus § 87 Abs. 2 Satz 3 UrhG, wonach – unter anderem – die Bestimmung des § 31 Abs. 5 UrhG entsprechend gilt, die den Übertragungszweckgedanken zum Ausdruck bringt. Der Grundsatz, dass im Zweifel nicht mehr Rechte eingeräumt werden, als der Vertragszweck erfordert, dient nicht nur dem Schutz des geistigen Bandes zwischen Werk und Urheber, sondern soll vor allem sicherstellen, dass der Rechtsinhaber am Ertrag aus der Verwertung seines Rechts möglichst weitgehend beteiligt wird. Dieser Gedanke hat auch und gerade dort seine Berechtigung, wo das einem Dritten eingeräumte Recht – wie hier das Leistungsschutzrecht des Sendeunternehmens – eine organisatorisch-wirtschaftliche Leistung schützt.

Das Berufungsgericht ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass der Übertragungszweckgedanke auch für die Auslegung von Wahrnehmungsverträgen mit Verwertungsgesellschaften gilt (BGH, GRUR 2010, 62 Rn. 16 Nutzung von Musik für Werbezwecke). Der Zweck eines solchen Wahrnehmungsvertrages besteht darin, der Verwertungsgesellschaft die Rechte zur kollektiven Wahrnehmung einzuräumen, deren individuelle Wahrnehmung dem einzelnen Berechtigten nicht möglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1999 – I ZR 117/97, BGHZ 142, 388, 396 – Musical-Gala). Zur Erreichung dieses Zwecks ist es nicht erforderlich, ausschließliche Nutzungsrechte zu übertragen; ausreichend ist vielmehr die Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte.

cc) Die Revision macht ferner ohne Erfolg geltend, die Rechtsprechung, wonach eine Aktivlegitimation des Urhebers bei der Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte fortbestehe, sei wegen des grundsätzlich verschiedenen Schutzansatzes nicht auf den Inhaber des Leistungsschutzrechts übertragbar. Das Urheberrecht schütze die persönliche geistige Schöpfung, das Leistungsschutzrecht hingegen den technischen und wirtschaftlichen Aufwand des Sendeunternehmens.

Für Urheber gilt der Grundsatz, dass ein Rechtsinhaber, der einem Dritten – wie hier einer Verwertungsgesellschaft – ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt hat, neben dem Dritten berechtigt bleibt, selbst Ansprüche wegen Rechtsverletzungen geltend zu machen, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der rechtlichen Verfolgung dieser Ansprüche hat. Entgegen der Ansicht der Revision beansprucht dieser Grundsatz gleichermaßen Geltung für Leistungsschutzberechtigte. Ein Rechtsinhaber hat ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung von Ansprüchen aus Rechtsverletzungen, wenn ihm aus der Einräumung der Nutzungsrechte fortdauernde materielle Vorteile erwachsen, die durch die Rechtsverletzungen beeinträchtigt werden. Die Rechtsposition des Leistungsschutzberechtigten unterscheidet sich zwar von derjenigen des Urhebers dadurch, dass ihm kein Urheberpersönlichkeitsrecht zusteht; darauf kommt es aber bei der Beurteilung der schutzwürdigen materiellen Interessen des Rechtsinhabers zur Begründung eines fortdauernden Klagerechts nicht an. Eine unterschiedliche Beurteilung des Klagerechts des Urhebers einerseits und des Leistungsschutzberechtigten andererseits kann allenfalls dann angebracht sein, wenn allein eine Beeinträchtigung von ideellen Interessen des Urhebers in Rede steht (vgl. zum Unterlizenzgeber BGH, Urteil vom 17. Juni 1992 – I ZR 182/90, BGHZ 118, 394, 399 f. – ALF). Das ist hier aber nicht der Fall.

dd) Die Revision macht des Weiteren vergeblich geltend, die Klägerin könne kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse nachweisen, da sie an den Umsätzen der Streithelferin durch die Verwertung der Weitersenderechte nur mittelbar über einen komplexen Verteilungsschlüssel beteiligt sei.

Ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung der Ansprüche aus Rechtsverletzung ist anzunehmen, wenn der Rechtsinhaber sich eine fortdauernde Teilhabe am wirtschaftlichem Ertrag aus der Verwertung seines Rechts vorbehalten hat (BGHZ 118, 394, 399 f. – ALF). Das ist hier der Fall. Die Streithelferin hat die Klägerin an den Einnahmen aus der Wahrnehmung der Weitersenderechte nach § 7 Satz 1 UrhWG zu beteiligen. Es spielt keine Rolle, dass das Maß der Beteiligung der Klägerin – wie die Revision geltend macht – nach einem komplexen Verteilungsschlüssel ermittelt wird. Entscheidend ist, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse daran hat, dass ihre der Streithelferin zur Ausübung überlassenen Verwertungsrechte nicht verletzt und ihre Einnahmen nicht durch Verletzungen dieser Rechte verringert werden.

ee) Die Revision macht daher auch vergeblich geltend, der Annahme einer Aktivlegitimation der Klägerin stehe entgegen, dass die Klägerin sonst neben der Streithelferin in derselben Sache Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz gegen die Beklagten durchsetzen könnte. Entgegen der Ansicht der Revision ist eine doppelte Inanspruchnahme der Beklagten nicht zu befürchten. Ansprüche der Klägerin und der Streithelferin bestehen jeweils nur, soweit eigene schutzwürdige Interessen beeinträchtigt sind.

ff) Die Revision rügt schließlich ohne Erfolg, die Klägerin habe kein eigenes schutzwürdiges Interesse daran, die in Rede stehenden Ansprüche selbst geltend zu machen, weil sie als eine der beiden Gesellschafter der Streithelferin maßgeblichen Einfluss auf deren Geschäftspolitik habe nehmen können und es sich daher anrechnen lassen müsse, wenn die Streithelferin entgegen den im Wahrnehmungsvertrag übernommenen Pflichten untätig geblieben sei. Auch in diesem Zusammenhang berücksichtigt die Revision nicht, dass die Klägerin und die Streithelferin jeweils eigene Interessen haben und geltend zu machen berechtigt sind.

b) Die Revision ist der Ansicht, der mit der Klage erhobene Unterlassungsanspruch sei für den Zeitraum nach Beendigung des mit der Streithelferin geschlossenen Wahrnehmungsvertrages unbegründet, weil weder eine Wiederholungsgefahr noch eine Erstbegehungsgefahr bestehe. Im Zeitraum bis zur Beendigung des Wahrnehmungsvertrages sei allein die Streithelferin anspruchsberechtigt gewesen, so dass im Verhältnis zur Klägerin keine Verletzungshandlung vorliege und eine Wiederholungsgefahr ausscheide. Für den Zeitraum nach Beendigung des Wahrnehmungsvertrages gebe es keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagten, die ihr Internetangebot in Bezug auf Sendungen der Klägerin im Februar 2007 eingestellt und sich um die Einräumung einer Lizenz für das Weitersenderecht bemüht hätten, Verletzungshandlungen begehen könnten.

Damit kann die Revision schon deshalb keinen Erfolg haben, weil im Zeitraum bis zur Beendigung des Wahrnehmungsvertrages entgegen der Ansicht der Revision – wie ausgeführt – jedenfalls nicht nur die Streithelferin, sondern zumindest auch die Klägerin anspruchsberechtigt war und daher auch im Verhältnis zur Klägerin Verletzungshandlungen vorliegen, die eine Wiederholungsgefahr begründen.

2. Das Berufungsgericht hat weiter mit Recht angenommen, dass die Beklagte zu 1 das Recht der Klägerin verletzt hat, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG).

a) Eine Weitersendung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG setzt voraus, dass der Inhalt einer Sendung durch funktechnische Mittel einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 32 – Internet-Videorecorder I; BGH, Urteil vom 12. November 2009 – I ZR 160/07, GRUR 2010, 530 Rn. 17 = WRP 2010, 784 – Regio-Vertrag, mwN). Dabei muss die Weitersendung zeitgleich mit dem Empfang erfolgen (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 29 f. – Internet-Videorecorder I) und in ihrer Bedeutung als Werknutzung anderen durch öffentliche Wiedergabe erfolgten Werknutzungen entsprechen (vgl. BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 31 f. – Internet-Videorecorder I).

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen erfüllt. Die Beklagte zu 1 empfängt die Sendesignale der Funksendungen mit Satelliten-Antennen und leitet sie zeitgleich an Online-Videorecorder weiter, die dem Bereich der Kunden als Hersteller der vollautomatischen Aufzeichnung zuzuordnen sind. Da sie ihren Kunden mit den „Persönlichen Videorecordern“ darüber hinaus auch die Empfangsvorrichtungen zur Verfügung stellt, ist ihre Tätigkeit in ihrer Bedeutung als Werknutzung den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliche Wiedergabe vergleichbar (vgl. BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 33 – Internet-Videorecor-der I).

Die Beklagte zu 1 hat Funksendungen der Klägerin auch einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bereits wenige Personen eine Mehrzahl im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden können. Das übermittelte Sendesignal der Klägerin konnte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts gleichzeitig von mindestens 100 Nutzern des Angebots „Shift.TV“, die nicht durch persönliche Beziehungen miteinander verbunden sind, unabhängig voneinander aufgezeichnet werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass damit eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit Vervielfältigungen einer Sendung aus dem Programm der Klägerin erhielten. Zu welchem Zeitpunkt die Empfänger die bestellte Sendung wahrnehmen können, ist ohne Belang (BGH, GRUR 2009, 845 Rn. 35 – Internet-Videorecorder I, mwN).

c) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, es sei im Blick auf den Vorlagebeschluss des Senats in der Sache „Breitbandkabel“ (Beschluss vom 16. August 2012 – I ZR 44/10, GRUR 2012, 1136 = WRP 2012, 1402) fraglich, ob im Streitfall eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliege und das Senderecht als besonderer Fall des Rechts zur öffentlichen Wiedergabe (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UrhG) betroffen sei. Im Streitfall ist – anders als in der Sache „Breitbandkabel“ – weder vom Berufungsgericht festgestellt noch von den Beklagten vorgetragen worden, dass die Beklagte zu 1 die Funksendungen der Klägerin ausschließlich an Empfänger über Kabel weiterüberträgt, die sich im Sendegebiet der Klägerin aufhalten und die Sendungen dort auch drahtlos empfangen können. Die Kunden der Beklagten können die auf ihren Internet-Videorecordern gespeicherten Sendungen der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vielmehr jederzeit über das Internet – und damit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl – ansehen oder herunterladen. Die in der Sache „Breitbandkabel“ aufgeworfene Frage stellt sich daher im Streitfall nicht.

3. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stelle keine unzulässige Rechtsausübung dar (§ 242 BGB). Die von den Beklagten erhobene Einrede, die Klägerin verlange mit dem Unterlassen der Weitersendung eine Leistung, die sie alsbald wieder zurückzugewähren habe („dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est“), greife nicht durch. Zwar könne ein aus einem Patent auf Unterlassung in Anspruch genommener Beklagter einwenden, der Patentinhaber missbrauche eine marktbeherrschende Stellung, wenn er sich weigere, mit ihm einen Patenlizenzvertrag zu nicht diskriminierenden und nicht behindernden Bedingungen abzuschließen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2009 – KZR 39/06, BGHZ 180, 312 Rn. 29 Orange-Book-Standard). Im Streitfall habe jedoch nicht das Gericht zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des im Fall einer Kabelweitersendung nach § 87 Abs. 5 UrhG bestehenden Kontrahierungszwangs erfüllt sind. Dies habe nach § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG vielmehr zunächst die Schiedsstelle zu beurteilen. Vor ihrer Anrufung, könne den Beklagten keine Befugnis zur Kabelweitersendung aus § 87 Abs. 5 UrhG zuerkannt werden. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Revision mit Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Voraussetzungen für eine Geltendmachung des Zwangslizenzeinwands vorliegen (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29 Orange-Book-Standard) und die Beklagte zu 1 als Kabelunternehmen gegen die Klägerin als Sendeunternehmen einen Anspruch aus § 87 Abs. 5 UrhG auf Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung zu angemessenen Bedingungen hat. Davon ist daher für die Prüfung in der Revisionsinstanz auszugehen.

b) Das Berufungsgericht ist allerdings mit Recht davon ausgegangen, dass die Frage der (gegenseitigen) Verpflichtung eines Kabelunternehmens und eines Sendeunternehmens aus § 87 Abs. 5 UrhG zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung in entsprechender Anwendung von § 14 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1 UrhWG auch dann zunächst von der Schiedsstelle zu beantworten ist, wenn sie nicht im Wege der Klage, sondern im Rahmen einer Klage im Wege des Zwangslizenzeinwands aufgeworfen wird. Zweck der vorrangigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens ist es, die besondere Sachkunde der Schiedsstelle nutzbar zu machen und die Gerichte zu entlasten. Die Einholung der besonderen Sachkunde der Schiedsstelle wird durch die Prozessvoraussetzung der vorherigen Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens gewährleistet. Dass der Anspruch hier nicht vom Kläger „im Wege der Klage“, sondern von den Beklagten im Wege der Einrede geltend gemacht wird, ist unerheblich; entscheidend ist nach Überschrift und Zweck des § 16 Abs. 1 UrhWG, dass der Anspruch gerichtlich geltend gemacht wird.

c) Die Notwendigkeit der Durchführung eines Schiedsstellenverfahrens rechtfertigt jedoch – anders als das Berufungsgericht angenommen hat – nicht den Ausschluss des Zwangslizenzeinwands. Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass das Gericht den Rechtsstreit beim Vorliegen der Voraussetzungen des Zwangslizenzeinwands in entsprechender Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 UrhWG auszusetzen hat, um dem Beklagten die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen. Nach dieser Bestimmung setzt das Gericht den Rechtsstreit aus, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen, wenn sich erst im Laufe des Rechtsstreits herausstellt, dass die Anwendbarkeit oder die Angemessenheit des Tarifs im Streit ist. Für den Fall eines erst im Laufe des Rechtsstreits entstehenden Streits über die Verpflichtung zum Abschluss eines Vertrages über die Kabelweitersendung ist die Regelung entsprechend anzuwenden. Der potentielle (Zwangs-)Lizenznehmer – im Streitfall die Beklagte zu 1 – kann die Schiedsstelle zwar auch während eines bereits laufenden Verfahrens anrufen, um sich nach Durchführung des Verfahrens auf den Einwand berufen zu können. Die Revision macht jedoch zutreffend geltend, dass er dann keinerlei Gewähr für einen rechtzeitigen Abschluss des Schiedsstellenverfahrens hat und daher Gefahr läuft, zur Unterlassung verurteilt zu werden, obwohl ihm ein Anspruch auf Einräumung einer Zwangslizenz zusteht. Er muss deshalb den Zwangslizenzeinwand erheben können.

III. Danach ist auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Das Berufungsgericht wird zunächst zu klären haben, ob die Beklagten berechtigt sind, den Zwangslizenzeinwand zu erheben, bevor es – gegebenenfalls – das Verfahren aussetzt, um den Parteien die Anrufung der Schiedsstelle zu ermöglichen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 UrhWG) und der Schiedsstelle Gelegenheit zu geben zu prüfen, ob die Beklagte zu 1 einen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts hat (§ 11 Abs. 1 UrhWG, § 87 Abs. 5 UrhG). Die Beklagten sind im Streitfall – in entsprechender Anwendung der vom Kartellsenat des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung „Orange-Book-Standard“ aufgestellten Grundsätze (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 29) – nur unter zwei Voraussetzungen berechtigt, den Zwangslizenzeinwand zu erheben:

a) Zum einen muss die Beklagte zu 1 dem Inhaber des zur Weitersendung der Funksendungen der Klägerin an einen Internet-Videorecorder erforderlichen Nutzungsrechts ein unbedingtes Angebot auf Abschluss eines Vertrages über die Einräumung dieses Nutzungsrechts gemacht haben und muss der Rechtsinhaber zum Abschluss eines solchen Vertrages verpflichtet sein (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 30 bis 32 – Orange-Book-Standard).

Ob in der Zeit des Bestehens des zwischen der Klägerin und der VG Media geschlossenen „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ die Klägerin oder die VG Media Inhaberin dieses Nutzungsrechts war, hängt davon ab, ob es sich bei einer solchen Weitersendung um eine von diesem Wahrnehmungsvertrag erfasste Nutzungsart (dann war die VG Media Rechtsinhaber) oder um eine davon nicht erfasste neue Nutzungsart (dann war die Klägerin Rechtsinhaber) handelt.

Falls die VG Media Rechtsinhaberin war, war sie als Verwertungsgesellschaft nach § 11 Abs. 1 UrhWG verpflichtet, der Beklagten zu 1 auf Verlangen das Nutzungsrecht zu angemessenen Bedingungen einzuräumen. Falls die Klägerin Rechtsinhaberin war, war sie als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 UrhG verpflichtet, mit der Beklagten zu 1 als Kabelunternehmen einen Vertrag über die Einräumung des Nutzungsrechts zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern es sich bei dieser Nutzung um eine Kabelweitersendung im Sinne des § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG handelte und kein die Ablehnung des Vertragsschlusses sachlich rechtfertigender Grund bestand. Unter diesen Voraussetzungen ist die Klägerin jedenfalls seit Beendigung des „Wahrnehmungsvertrags Fernsehen“ zur Einräumung des Nutzungsrechts verpflichtet.

b) Zum anderen muss die Beklagte zu 1, da sie den Gegenstand des Schutzrechts bereits benutzt, bevor der Rechtsinhaber ihr Angebot angenommen hat, diejenigen Verpflichtungen einhalten, die der abzuschließende Lizenzvertrag an die Benutzung des lizenzierten Gegenstandes knüpft (vgl. BGHZ 180, 312 Rn. 33 bis 36 – Orange-Book-Standard). Dies bedeutet insbesondere, dass sie die sich aus dem Vertrag ergebenden Lizenzgebühren an den Rechtsinhaber zahlen oder die Zahlung dadurch sicherstellen muss, dass sie die Lizenzgebühren nach § 372 Satz 1 BGB unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt.

Das Berufungsgericht wird sich daher mit dem Vorbringen der Beklagten auseinandersetzen müssen, die Beklagte zu 1 habe sich bereits vor Anhängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits bei der VG Media um den Erwerb des Weitersenderechts bemüht und nach Erlass des ersten Revisionsurteils vom 22. April 2009 erneut bei der VG Media um die Einräumung des Weitersenderechts nachgesucht und – als eine Rechtseinräumung nicht erfolgt sei – vorsorglich zugunsten der VG Media die sich aus dem Tarif „Hörfunk und Fernsehen – digital“ jeweils ergebenden Beträge hinterlegt; die Beklagte zu 1 habe darüber hinaus auch die Klägerin mit Datum vom 18. Oktober 2012 zur Einräumung der Rechte aufgefordert und sodann die hierfür angefallenen Vergütungen hinterlegt.

2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Auskunftsantrag sei als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs nach § 242 BGB für den Zeitraum ab dem 10. März 2005 begründet. Die Beklagte zu 1 habe schuldhaft gehandelt, weil sie sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt habe, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste. Die Beklagten zu 2 und 3 seien für die Rechtsverletzung als Täter verantwortlich und verpflichtet, die zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begehrte Auskunft zu erteilen.

Die Revision macht geltend, der Auskunftsanspruch sei jedenfalls nicht für die Zeit vor der Zustellung des ersten Revisionsurteils am 19. Juni 2009 begründet. Das Berufungsgericht habe sich bei der Annahme eines Verschuldens der Beklagten auf die Feststellungen des Senats im ersten Revisionsurteil gestützt. Diese Feststellungen hätten sich aber nur auf den seinerzeit von den Vorinstanzen zuerkannten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Vervielfältigungsrechts und nicht auf den erst jetzt vom Berufungsgericht bejahten Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung des Weitersenderechts bezogen. Vor dem Hintergrund, dass sowohl das Landgericht als auch das Berufungsgericht zunächst ausschließlich den Betrieb des Angebots „Shift.TV“ hinsichtlich des Vervielfältigungsrechts untersagt hätten und das Landgericht im Parallelverfahren „Save.TV“ – vom Berufungsgericht dort in seinem ersten Berufungsurteil unbeanstandet – sogar ausdrücklich festgestellt habe, dass keine Verletzung des Weitersenderechts vorliege, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten das in Rede stehende Weitersenderecht vorsätzlich verletzt hätten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Vervielfältigung eine tatsächlich andere Handlung betreffe als die Weitersendung und es damit nicht lediglich um eine rechtliche Neubewertung derselben Handlung gehe.

Damit können die Beklagten keinen Erfolg haben. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Verschulden beziehen sich allgemein darauf, dass das Angebot des Internet-Videorecorders durch die Beklagten das Leistungsschutzrecht der Klägerin als Sendeunternehmen aus § 87 Abs. 1 UrhG verletzt hat und nicht allein darauf, ob dieses Angebot in das Vervielfältigungsrecht, das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens oder das Weitersenderecht eingreift.

Bornkamm Büscher Schaffert

Koch Löffler

Vorinstanzen:

LG Leipzig, Entscheidung vom 12.05.2006 – 5 O 4391/05

OLG Dresden, Entscheidung vom 12.07.2011 – 14 U 1071/06