BGH, Urteil v. 11.12.2003 – I ZR 50/01 – Dauertiefpreise

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

I ZR 50/01

Verkündet am: 11. Dezember 2003

Dauertiefpreise

UWG § 1

a) Werden in einem Lebensmittelmarkt lagerfähige Produkte mit dem Begriff „Dauertiefpreise“ beworben, rechnet der Verkehr nicht nur damit, daß die Preise unter den sonst üblichen Marktpreisen liegen; er erwartet auch, daß die entsprechenden Waren für eine gewisse Zeitspanne – angemessen erscheint ein Monat – zu diesem Preis angeboten werden.

b) Einem Handelsunternehmen, das mit seinen Preisen unter dem Niveau der Marktpreise liegt und diese Preise durchweg unter Verzicht auf Sonderangebote mit einer geringen Spanne kalkuliert, kann die Verwendung des Begriffs „Dauertiefpreise“ in der Werbung nicht verwehrt werden, wenn gleichzeitig deutlich gemacht wird, daß Preisänderungen insbesondere für den Fall der Änderung der Einkaufskonditionen vorbehalten bleiben.

BGH, Urt. v. 11. Dezember 2003 – I ZR 50/01 – OLG Koblenz LG Mainz

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Dezember 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 8. Februar 2001 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision im Kostenpunkt und im Umfang der nachfolgenden Abänderung aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer – 3. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Mainz vom 14. Juli 1998 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die Preise für tiefgefrorene Fischstäbchen oder Haushaltsreiniger als Dauertiefpreise zu bezeichnen,

wenn dies geschieht wie in den (nachstehend in Kopie angefügten) Zeitungsanzeigen (Anlage Ag 10 und Ag 11 der Akten des Verfügungsverfahrens LG Mainz, Aktenzeichen 10 HO 86/96) und

wenn die so beworbenen Waren bereits vor Ablauf eines Monats nach dem Erscheinungsdatum der Werbung zu den angekündigten Dauertiefpreisen nicht mehr abgegeben werden, sondern schon innerhalb dieses Zeitraums für diese Waren ein höherer Preis verlangt wird.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 € – für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht; die Ordnungshaft ist jeweils an ihren Geschäftsführern zu vollziehen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 5/8 und die Beklagte 3/8, von den Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.

[Anzeige vom 15.4.1996 / Anzeige vom 9.4.1996]

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte betreibt sogenannte Discount-Märkte. Sie stellt in ihrer Werbung ihre sogenannten „Dauertiefpreise“ heraus, die nicht nur für einige Sonderangebote, sondern für das gesamte Sortiment Geltung hätten („45.000 Dauertiefpreise“).

Bei ihr – so ihre Werbung – müsse der Kunde „nicht irgendwelchen Sonderangeboten hinterherrennen“, er finde vielmehr „alle Artikel immer günstig“. Außerdem gibt es in Zeitungsanzeigen der Beklagten eine Rubrik „Ehrlich gesagt“, in der sie auf Preissenkungen („weil wir noch günstiger einkaufen konnten“) und Preiserhöhungen („weil die Lieferpreise gestiegen sind“) hinweist.

Die Klägerin ist die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Sie wendet sich dagegen, daß die Beklagte Waren, für die sie in der beschriebenen Weise mit „Dauertiefpreisen“ geworben hat, nach einer gewissen Zeit zu einem höheren Preis anbietet. Anlaß für die Beanstandung waren zwei Fälle, in denen die Beklagte einen bestimmten Artikel nach einiger Zeit zu einem höheren Preis verkauft hatte: Am 9. April 1996 hatte die Beklagte in einer Zeitungsanzeige für eine Packung tiefgefrorener Fischstäbchen zum Preis von 3,69 DM geworben; am 25. April 1996 bot sie diese Ware für 3,79 DM an. Am 15. April 1996 hatte die Beklagte das Reinigungsmittel „Meister Proper Ultra“ in einer Anzeige zum Preis von 2,98 DM angeboten; am 13. Mai 1996 verkaufte sie dieses Produkt zum Preis von 3,49 DM. Nachstehend sind Ausschnitte aus den beiden beanstandeten Anzeigen verkleinert wiedergegeben:

[Anzeige vom 9.4.1996]

Die Klägerin hat – soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung – zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Waren mit Preisen zu bewerben, die als Dauertiefpreise bezeichnet sind, wenn die so beworbenen Waren bereits zwei Monate nach dem Erscheinungsdatum der Werbung zu den angekündigten Dauertiefpreisen nicht mehr abgegeben werden, sondern schon innerhalb dieses Zeitraums für diese Waren ein höherer Preis verlangt wird.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, es müsse ihr gestattet sein, in ihrer Werbung auf ihre Preispolitik hinzuweisen, die sich von der ihrer in erster Linie mit Sonderangeboten arbeitenden Wettbewerber unterscheide. In der Rubrik „Ehrlich gesagt“ mache sie im übrigen deutlich, daß sich die Preise einzelner Waren von Zeit zu Zeit änderten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte mit der Maßgabe verurteilt, daß die auf die beanstandete Weise beworbenen Waren für die Dauer eines Monats zu dem angegebenen Preis angeboten werden müssen. Im übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die Verwendung der Bezeichnung „Dauertiefpreise“ als irreführend i.S. des § 3 UWG angesehen, wenn die so beworbenen Waren bereits einen Monat nach dem Erscheinungsdatum der Werbung nicht mehr zu dem beworbenen, sondern nur noch zu einem höheren Preis abgegeben werden. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die angegriffene Werbung sei irreführend, da die Beklagte die Fischstäbchen aus der Anzeige vom 9. April 1996 nach 16 Tagen und das Reinigungsmittel „Meister Proper“ aus der Anzeige vom 15. April 1996 nach 28 Tagen nicht mehr zu dem in der Anzeige angegebenen, sondern nur zu einem höheren Preis verkauft habe, obwohl in beiden Anzeigen sämtliche Preise als „Dauertiefpreise“ angepriesen worden seien. Ein nicht unerheblicher Teil der Verkehrskreise verknüpfe den in der Werbung aufgeführten Preis der jeweiligen Ware mit dem Begriff „Dauertiefpreis“ und erwarte daher, daß diese Preise für eine gewisse Dauer nicht erhöht würden. Dabei bemesse sich der Zeitraum, in der der Verkehr erwarte, daß der Preis nicht erhöht werde, unabhängig von der Art der Waren auf einen Monat seit Erscheinen der Werbung. Dieser Beurteilung des Verkehrsverständnisses stehe auch die konkrete Ausgestaltung der beanstandeten Anzeigen vom 9. und 15. April 1996 nicht entgegen.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Zwar ist die beanstandete Werbung irreführend nach § 3 UWG.

Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot orientiert sich jedoch nicht hinreichend an der konkreten Verletzungshandlung und umfaßt daher auch Verhaltensweisen, die nicht als irreführend untersagt werden können. Das Verbot ist daher auf die konkrete Verletzungsform zu beschränken.

1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht die konkret beanstandeten Werbeanzeigen vom 9. und 15. April 1996 als irreführend angesehen hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr werde den Begriff der Dauertiefpreise in den beiden Werbebeilagen nicht nur als einen allgemeinen Hinweis auf „dauernd günstige Preise“, sondern auch in der Weise verstehen, daß jedenfalls die einzelnen in der Werbung herausgestellten Artikel für längere Zeit zu den beworbenen Dauertiefpreisen zu haben seien. Diese tatrichterliche Würdigung kann das Revisionsgericht nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht den Tatsachenstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft hat und die Beurteilung mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen in Einklang steht. Einen solchen Rechtsfehler hat die Revision nicht dargetan.

a) Zu Unrecht meint die Revision, das Berufungsgericht habe seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft nicht das Bild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers zugrunde gelegt. Zwar hat das Berufungsgericht keine Ausführungen dazu gemacht, von welchem Verbraucherbild es ausgeht. Seine Erwägungen lassen aber insoweit kein fehlerhaftes Verständnis erkennen. Auch soweit das Berufungsgericht auf dem Standpunkt steht, nicht alle Leser beachteten die Rubrik „Ehrlich gesagt“, in der auf Preissenkungen und Preiserhöhungen hingewiesen wird, weicht es nicht von dem maßgeblichen Verbraucherbild ab. Denn auch der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wendet seine Aufmerksamkeit nicht allen Einzelheiten der Werbung zu. Auszugehen ist vielmehr von einem Verbraucher, der die Werbung in situationsadäquater Weise zur Kenntnis nimmt. Dies bedeutet, daß der Grad seiner Aufmerksamkeit je nach dem Gegenstand der Werbung verschieden sein kann (BGH, Urt. v. 24.10.2002 – I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 – Sparvorwahl; Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 193/99, GRUR 2002, 550, 552 = WRP 2002, 527 – Elternbriefe; Urt. v. 20.12.2001 – I ZR 215/98, GRUR 2002, 715, 716 = WRP 2002, 977 – Scanner-Werbung). Bei einer Zeitungsanzeige, die die Leser im allgemeinen eher beiläufig oder nur in sie interessierenden Teilen zur Kenntnis nehmen, kann daher eine Irreführung auch dann anzunehmen sein, wenn nach vollständiger Lektüre des gesamten Textes und nach einigem Nachdenken eine Fehlvorstellung hätte vermieden werden können (vgl. BGH GRUR 2002, 715, 716 – Scanner-Werbung).

b) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die in den Werbeanzeigen enthaltenen Erläuterungen der Preispolitik und des Geschäftsprinzips nicht beachtet und sei deshalb zu einer fehlerhaften Beurteilung des Verkehrsverständnisses gelangt.

Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die beanstandete Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft. Aufgrund dieses Gesamteindruckes ist es indessen auch im Hinblick auf die gegebenen Erläuterungen durchaus naheliegend und keinesfalls erfahrungswidrig, daß der Verkehr den Begriff der Dauertiefpreise nicht allein als eine Beschreibung der Kalkulationsgrundsätze der Beklagten versteht, sondern ihn auch auf die konkreten Preise für die beworbenen Waren bezieht und aufgrund dieser Werbeangabe darauf vertraut, daß ein ihn interessierendes Produkt zu dem angegebenen Preis auch noch nach einiger Zeit erworben werden kann (vgl. auch OLG Frankfurt GRUR 1991, 64 – dauernd billig; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 833).

Denn gerade dadurch sollen sich die Dauertiefpreise der Beklagten von den Sonderangeboten der Wettbewerber unterscheiden, daß man ihnen nicht „hinterherrennen muß“, sich vielmehr auf eine gewisse Beständigkeit der angegebenen Preise verlassen kann.

Die weiteren Angaben in den beiden beanstandeten Anzeigen machen ebenfalls nicht hinreichend deutlich, daß die geforderten Preise stets vom jeweiligen Wareneinkauf der Beklagten abhängig sind und sich daher – wenn ein bestimmter Posten nach kurzer Zeit neu geordert werden muß – verändern können.

Eine solche Klarstellung erfolgt auch nicht durch die erwähnte Rubrik „Ehrlich gesagt“. Denn zum einen nimmt ein durchschnittlich – also situationsadäquat – aufmerksamer Verbraucher eine ganzseitige Anzeige, die eine Fülle einzelner Informationen enthält, meist nicht vollständig wahr. Zum anderen ist der fraglichen Rubrik nicht zu entnehmen, wie lange die Beklagte die alten niedrigen Preise für die dort aufgeführten Produkte verlangt hat. Sie klärt die Verbraucher daher nicht darüber auf, daß möglicherweise auch Preise, die sie gerade noch wenige Tage zuvor als „Dauertiefpreise“ beworben hat, nunmehr aufgrund gestiegener Einkaufspreise erhöht worden sind.

c) Die Art der beworbenen Produkte gibt den angesprochenen Verbrauchern keine Veranlassung, den durch die Anzeigen insgesamt vermittelten Eindruck einer besonderen Preisbeständigkeit in Zweifel zu ziehen. Bei den in Rede stehenden Waren – tiefgefrorene Fischstäbchen und Haushaltsreiniger – handelt es sich um lagerfähige Produkte, die nicht täglich frisch eingekauft werden müssen und deren Einkaufspreise keinen – etwa witterungsbedingten – Schwankungen unterworfen sind. Die Frage, was zu gelten hat, wenn für Waren geworben wird, die üblicherweise tagesfrisch eingekauft werden und deren Einkaufspreise sich von Tag zu Tag ändern können, stellt sich bei der Prüfung der konkret beanstandeten Anzeigen nicht (dazu sogleich unter II.2.a).

d) Schließlich ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht eine Irreführung bejaht hat, nachdem die in Rede stehenden Waren bereits nach 16 bzw. 28 Tagen nicht mehr zu dem beworbenen Dauertiefpreis, sondern nur noch zu einem höheren Preis abgegeben wurden. Es begegnet auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht die Zeitspanne, für die der Verkehr bei den in Rede stehenden Produkten mit gleichbleibenden Preisen rechnet, mit einem Monat seit Erscheinen der Werbung bemessen hat.

2. Gleichwohl kann das ausgesprochene, über die konkrete Verletzungsform hinausgehende Verbot keinen Bestand haben. Mit Recht rügt die Revision, daß der Beklagten mit dem Verbot auch Verhaltensweisen untersagt worden sind, die wettbewerbsrechtlich unbedenklich sind. Dies gilt in zweierlei Hinsicht:

a) Zum einen umfaßt das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot auch die Werbung für frische Waren wie Obst und Gemüse, die die Beklagte täglich zu wechselnden Preisen einkaufen muß. Hinsichtlich solcher Waren erkennen die angesprochenen Verkehrskreise, daß sie nicht darauf vertrauen können, daß diese Preise über eine längere Zeit unverändert bleiben. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß die Verbraucher bei tagesfrischen Artikeln wie Spargel oder Erdbeeren vernünftigerweise nicht davon ausgehen werden, daß diese Waren noch einen Monat nach Erscheinen der Anzeige zu dem beworbenen Preis bei der Beklagten erhältlich sind. Vielmehr werden Preisangaben zu solchen Produkten im allgemeinen allein auf die jeweils vom Händler eingekaufte Menge bezogen.

Der Verkehr erkennt daher, daß Preisangaben zu einer Ware, die innerhalb weniger Tage verdirbt, allenfalls für diese Zeitspanne gelten sollen (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1986 – I ZR 43/84, GRUR 1987, 52, 53 = WRP 1987, 101 – Tomatenmark).

Schon aus diesem Grund findet das vom Berufungsgericht ausgesprochene pauschale Verbot, Waren jeder Art mit Dauertiefpreisen zu bewerben, wenn die so beworbenen Waren bereits vor Ablauf eines Monats seit dem Erscheinen der Anzeige nicht mehr zu den angekündigten Preisen abgegeben werden, in § 3 UWG keine ausreichende Grundlage.

b) Das umfassende Verbot der Verwendung des Begriffs „Dauertiefpreise“ in der Werbung der Beklagten kann aus einem weiteren Grund keinen Bestand haben: Der von der Beklagten verwendete Begriff „Dauertiefpreise“ ist zweideutig. Er kann zum einen in der Weise verstanden werden, daß sich die in der Anzeige den Produkten zugeordneten Preise auf absehbare Zeit nicht ändern werden. Mit dem Begriff des Dauertiefpreises läßt sich aber auch das von der Beklagten für sich in Anspruch genommene Geschäftsprinzip beschreiben, das darauf hinauslaufen soll, daß sie in ihren Discount-Märkten auf Sonderangebote vollständig verzichtet und statt dessen sämtliche angebotenen Artikel – bei Einhaltung eines unter den Marktpreisen liegenden Preisniveaus (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1970 – I ZR 49/69, GRUR 1971, 164, 166 – Discount-Geschäft) – mit einer verhältnismäßig geringen Spanne kalkuliert. Der Begriff des Dauertiefpreises soll danach nicht zum Ausdruck bringen, daß der konkret für eine Ware angegebene Discount-Preis über längere Zeit unverändert bleiben werde, sondern daß alle von ihr geführten Artikel gleichermaßen knapp kalkuliert seien. Muß sich die Beklagte mit einer bestimmten Ware zu höheren Einkaufspreisen eindecken als in der Vergangenheit, führt dies nach ihrer Darstellung zu einer Preiserhöhung. Sie nimmt aber für sich in Anspruch, daß sie auch Preiskonzessionen ihrer Lieferanten an die Verbraucher weitergibt, daß sie also im Falle von niedrigeren Einkaufskosten ihre Preise entsprechend senkt.

Legt die Beklagte diese Grundsätze in ihrer Werbung offen und macht sie deutlich, daß sie sich Preisänderungen – seien es Preiserhöhungen oder Preissenkungen – für bestimmte Fälle, insbesondere für den Fall, daß sich die Einkaufskonditionen ändern, vorbehält, kann ihr die Verwendung des Begriffs „Dauertiefpreise“ in dem zuletzt beschriebenen Sinne nicht verwehrt werden. Bei der gebotenen Berücksichtigung ihres berechtigten Interesses, ihre Kunden auf die Vorteile ihres Angebots und ihrer Geschäftsidee hinzuweisen, muß es ihr unter diesen Bedingungen gestattet sein, auch mit dem plakativen Begriff der Dauertiefpreise zu werben.

c) Das umfassende Verbot kann schließlich auch nicht mit der Begründung aufrechterhalten werden, daß es nicht Sache des Klägers oder des Gerichts sei, dem Verletzer Wege aufzuzeigen, die aus dem Verbot herausführen. Dieser Grundsatz kann nur Geltung beanspruchen, wenn das Verbot die konkrete Verletzungsform beschreibt. Ist es – wie im Streitfall – abstrakt gefaßt, müssen derartige Einschränkungen in den Tenor aufgenommen werden; denn andernfalls würden – was sich stets verbietet – auch erlaubte Verhaltensweisen vom Verbot erfaßt werden (BGH, Urt. v. 11.4.2002 – I ZR 317/99, GRUR 2002, 706, 708 = WRP 2002, 691 – vossius.de).

3. Der Umstand, daß der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsantrag in dieser Form unbegründet ist, führt indessen nicht zur vollständigen Klageabweisung.

Denn das Klagevorbringen kann in der Weise ausgelegt werden, daß die Klägerin zumindest die konkrete Verletzungshandlung unterbunden wissen möchte, die sie mit ihrer Klage beanstandet hat. Bei dem – zu weit gefaßten – Unterlassungsantrag handelt es sich um eine Verallgemeinerung, die die konkrete Verletzungsform als ein Minus umfaßt. Dieser Antrag ist nur insoweit abzuweisen, als er über die konkrete Verletzungsform hinausreicht (vgl. BGHZ 126, 287, 296 – Rotes Kreuz; BGH, Urt. v. 3.12.1998 – I ZR 74/96, GRUR 1999, 760 f. = WRP 1999, 842 – Auslaufmodelle II, m.w.N.; ferner BGH, Urt. v. 16.3.2000 – I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 188 = WRP 2000, 1131 – Lieferstörung). Der Anspruch betrifft auch eine Handlung, die geeignet ist, den Wettbewerb auf dem Markt, auf dem die Beklagte tätig ist, wesentlich zu beeinflussen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Maßgeblich sind hierbei nicht die möglicherweise nur geringen Auswirkungen, die der konkrete Verstoß auf das Wettbewerbsgeschehen gehabt hat. Vielmehr sind auch gleichartige Verstöße zu berücksichtigen, die – wenn die vorliegende Klage vollständig abgewiesen würde – ebenfalls hingenommen werden müßten.

III. Danach ist das angefochtene Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Revision aufzuheben, soweit das ausgesprochene Verbot über die konkrete Verletzungshandlung hinausreicht. Im Umfang der Aufhebung ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.