BGH, Urteil v. 11.11.2004 – I ZR 182/02 – Art. 1 § 1 RBerG zählt zu den Vorschriften i.S. des § 4 Nr. 11 UWG

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

I ZR 182/02

Verkündet am: 11. November 2004

Testamentsvollstreckung durch Steuerberater

UWG §§ 3, 4 Nr. 11; RBerG Art. 1 § 1

a) Art. 1 § 1 RBerG zählt zu den Vorschriften i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, das Marktverhalten zu regeln.

b) Die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ist keine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S. von Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG.

BGH, Urt. v. 11. November 2004 – I ZR 182/02 – OLG Hamm LG Münster

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 23. Mai 2002 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster vom 15. November 2001 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist als Rechtsanwalt in M. tätig. Der Beklagte, ein Diplom-Betriebswirt, betreibt ebenfalls in M. als Steuerberater eine Kanzlei. Auf seiner Internetseite bietet er unter anderem auch die Übernahme von Testamentsvollstreckungen an.

Der Kläger sieht hierin einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Zusammenhang mit seinen übrigen steuerrechtlichen Tätigkeiten Testamentsvollstreckungen anzubieten.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er ist der Ansicht, seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker sei keine Rechtsberatung im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes. Zumindest lägen die Voraussetzungen der im Rechtsberatungsgesetz vorgesehenen Ausnahmevorschriften vor, nach denen er als Steuerberater die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers ausüben dürfe.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamm NJW-RR 2002, 1286).

Mit der (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG (a.F.) i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG als begründet angesehen und hierzu ausgeführt: Der Beklagte verfüge als Steuerberater nicht über die für die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erforderliche Erlaubnis. Die Werbung des Beklagten sei daher unlauter i.S. des § 1 UWG (a.F.). Die geschäftsmäßige Testamentsvollstreckung sei eine nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubnispflichtige Tätigkeit. Sie sei darauf gerichtet und geeignet, konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers liege überwiegend auf rechtlichem und nicht auf wirtschaftlichem Gebiet. Ein Erblasser sehe bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung gerade auch Probleme rechtlicher Art voraus. Ansonsten würde er auf die mit Kosten verbundene Einsetzung eines Testamentsvollstreckers verzichten.

Rechtliche Fallgestaltungen könnten überwiegend besser und bei komplizierten Auseinandersetzungsverträgen sogar ausschließlich nur von Rechtskundigen gelöst werden.

Dieser Beurteilung stehe nicht entgegen, daß es dem Erblasser freistehe, auch einen Steuerberater als Testamentsvollstrecker einzusetzen. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz scheide auch nicht deshalb aus, weil dem Beklagten als Steuerberater eine wirtschaftsberatende oder treuhänderische Tätigkeit nach dem Steuerberatungsgesetz und die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers nach der Berufsordnung der Steuerberater erlaubt seien.

Die Tätigkeit des Beklagten falle nicht unter die Ausnahmevorschrift des Art. 1 § 3 Nr. 6 RBerG, weil ein Testamentsvollstrecker, der nicht vom Nachlaßgericht ernannt sei, keine „sonstige für ähnliche Aufgaben behördlich eingesetzte Person“ im Sinne dieser Vorschrift sei. Er sei diesem Personenkreis auch nicht gleichgestellt. Es handele sich bei der von dem Beklagten angebotenen Testamentsvollstreckung nicht um eine rechtliche Beratung, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Erledigung von beruflichen Aufgaben des Steuerberaters stehe (Art. 1 § 5 Nr. 2 RBerG). Der Testamentsvollstrecker sei keine einem Vermögens- oder Hausverwalter ähnliche Person i.S. von Art. 1 § 5 Nr. 3 RBerG, auf die das Rechtsberatungsgesetz nicht anwendbar sei. Nach dem Tod des Erblassers sei eine fast übergangslose Fortsetzung einer Vermögensverwaltung durch den Steuerberater ohne besondere rechtliche Probleme ein Ausnahmefall, der außer Betracht zu bleiben habe.

Die Beschränkung der Berufstätigkeit des Beklagten durch die Erlaubnispflicht nach dem Rechtsberatungsgesetz verstoße nicht gegen das Grundgesetz. Sie sei durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt.

II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG zu. Die Werbung des Beklagten für die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers stellt kein Angebot einer Rechtsberatung dar, die eine behördliche Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG erfordert.

1. Die Beurteilung des mit dem Klageantrag geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Recht (vgl. BGH, Urt. v. 5.2.2004 – I ZR 90/01, GRUR 2004, 522, 523 = WRP 2004, 608 – Zeitschriftenabonnement im Internet; Urt. v. 11.3.2004 – I ZR 304/01, GRUR 2004, 860, 862 = WRP 2004, 1287 – Internet-Versteigerung, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Es sind daher die Bestimmungen des gemäß § 22 Satz 1 am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) anzuwenden.

Allerdings kann ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch nur bestehen, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war.

2. Nach § 4 Nr. 11 UWG handelt derjenige unlauter i.S. des § 3 UWG, der einer gesetzlichen Bestimmung zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den Vorschriften, die im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher, auch das Verhalten von Unternehmen bestimmen, zählt Art. 1 § 1 RBerG (vgl. zu § 1 UWG a.F.: BGH, Urt. v. 13.3.2003 – I ZR 143/00, GRUR 2003, 886, 889 = WRP 2003, 1103 – Erbenermittler; Urt. v. 20.11.2003 – I ZR 104/01, GRUR 2004, 253, 254 = WRP 2004, 487 – Rechtsberatung durch Automobilclub, jeweils m.w.N.; zu § 4 Nr. 11 UWG: Baumbach/Hefermehl/Köhler, UWG, 23. Aufl., § 4 Rdn. 11.63; Harte/Henning/v. Jagow, UWG, § 4 Nr. 11 Rdn. 115; Ullmann, GRUR 2003, 817, 824). Unerheblich ist, daß Art. 1 § 1 RBerG, der eine Erlaubnispflicht für eine geschäftsmäßige Rechtsberatung vorsieht, auch über den Marktzutritt bestimmt. Dadurch wird der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 11 UWG nicht ausgeschlossen, weil auch Marktzutrittsregelungen eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene Schutzfunktion haben können; insbesondere können sie dem Verbraucherschutz dienen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/1487, S. 19; Ullmann, GRUR 2003, 817, 824; Baumbach/Hefermehl/Köhler aaO § 4 Rdn. 11.63; vgl. auch zu § 1 UWG a. F.: BGHZ 150, 343, 348 – Elektroarbeiten).

3. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts verstößt die vom Beklagten angebotene Tätigkeit des Testamentsvollstreckers nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG. Dies folgt – anders als die Revision meint – jedoch nicht bereits aus § 39 Abs. 1 Nr. 6 der Satzung über die Rechte und Pflichten bei der Ausübung der Berufe der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Berufsordnung – BOStB). Denn die Satzungsversammlung der Bundessteuerberaterkammer kann in der gemäß § 86 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 StBerG als Satzung erlassenen Berufsordnung nicht den Anwendungsbereich des Art. 1 § 1 RBerG festlegen.

Vielmehr scheidet ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG deshalb aus, weil es sich bei der vom Beklagten angebotenen Tätigkeit des Testamentsvollstreckers nicht um die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift handelt.

a) Nach dieser Vorschrift darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Ob die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers grundsätzlich eine erlaubnispflichtige Tätigkeit nach Art. 1 § 1 RBerG darstellt, ist umstritten (bejahend: OLG Karlsruhe NJW-RR 1994, 236, 237; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 280 f. und 566; Schaub, MittBayNot 2001, 90 f.; Stracke, ZEV 2001, 250; ders., Die geschäftsmäßige Rechtsberatung durch Testamentsvollstrecker, 1999, S. 248 f.; Bonefeld, ZERB 2000, 171, 172; Henssler, ZEV 1994, 261, 262; Senge in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Bd. 3, RBerG R 55, Art. 1 § 5 Rdn. 17 und 38; Chemnitz/Johnigk, Rechtsberatungsgesetz, 11. Aufl., Art. 1 § 3 Rdn. 435 und § 5 Rdn. 561; Rennen/Caliebe, Rechtsberatungsgesetz, 3. Aufl., Art. 1 § 3 Rdn. 49; Weth in Henssler/Prütting, Bundesrechtsanwaltsordnung, 2. Aufl., Art. 1 § 3 RBerG Rdn. 41-43; Staudinger/Reimann, BGB, 2003, § 2197 Rdn. 65 f.; im Falle der Ernennung von Banken als Testamentsvollstrecker: Schaub, FamRZ 1995, 845, 846; Leverenz, ZBB 1995, 156, 159; a.A.: Vortmann, WM 1995, 1745, 1746; ders., WuB VIII D Art. 1 § 1 RBerG 4.02; Kleine-Cosack, BB 2000, 2109 ff.; ders., EWiR 2000, 979 f.; Watrin, DStR 2002, 422, 424). Teilweise wird in der Literatur nach dem Umfang und dem Schwerpunkt der Tätigkeit im Einzelfall differenziert (MünchKomm.BGB/Zimmermann, 4. Aufl., § 2197 Rdn. 9; Bamberger/Roth/Mayer, BGB, § 2197 Rdn. 30; Sandkühler, DNotZ 2001, 645, 646). Zum Teil wird die Testamentsvollstreckung von Steuerberatern oder Banken auch nach Art. 1 § 3 Nr. 6 oder § 5 Nr. 2 oder Nr. 3 RBerG als zulässig angesehen (OLG Karlsruhe AnwBl 1992, 333; LG Krefeld DStRE 2000, 615, 616; LG Detmold WM 2001, 2441, 2442; Lang, NJW 1999, 2332, 2333; Bamberger/Roth/Mayer aaO § 2197 Rdn. 30; Grunewald, ZEV 2000, 460; Streck, DstR 1991, 592, 594; Best, DStR 2000, 2000, 2001; Bork, WM 1995, 225, 226 ff. ; Zeller, WuB VIII D Art. 1 § 3 RBerG 1.94; für eine analoge Anwendung des Art.1 § 3 Nr. 6: Leverenz, ZBB 1995, 156, 165ff.).

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Dabei ist zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (BGH, Urt. v. 6.12.2001 – I ZR 101/99, GRUR 2002, 993, 995 = WRP 2002, 970 – Wie bitte?!; BGH GRUR 2003, 886, 887 – Erbenermittler). Davon ist im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat jedoch bei der Beurteilung der Frage, ob der Schwerpunkt der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers auf rechtlichem oder wirtschaftlichem Gebiet liegt, einseitig auf die mit der Testamentsvollstreckung verbundene Verwirklichung und Gestaltung der konkreten Rechtsverhältnisse abgestellt und der wirtschaftlichen Seite der Testamentsvollstreckung zu wenig Bedeutung beigemessen.

aa) Ein Testamentsvollstrecker hat nach § 2203 BGB die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen. Er hat den Nachlaß zu verwalten und ist berechtigt, ihn in Besitz zu nehmen und über Nachlaßgegenstände zu verfügen (§ 2205 BGB) sowie Forderungen einzuziehen. Wenn mehrere Erben vorhanden sind, hat er die Auseinandersetzung nach näherer Maßgabe des § 2204 BGB zu bewirken. Seine Aufgaben können sich auf den gesamten Nachlaß, auf einen einzelnen Nachlaßgegenstand oder ein Vermächtnis beziehen (vgl. BGHZ 13, 203, 205 f. m.w.N.). Die Testamentsvollstreckung kann auf eine Abwicklungsvollstreckung, eine Verwaltungsvollstreckung (§ 2209 Satz 1 Halbs. 1 BGB) oder eine Dauervollstreckung (§ 2209 Satz 1 Halbs. 2 BGB) gerichtet sein. Der Testamentsvollstrecker kann beschränkt oder unbeschränkt zur Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß berechtigt sein (§§ 2206 ff. BGB). Auch das Recht zur Prozeßführung steht ihm nach §§ 2212, 2213 BGB zu. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers kann, braucht aber nicht auf rechtlichem Gebiet zu liegen. Er kann in wesentlichem Umfang auch nur einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, wenn er den Nachlaß in Besitz nimmt, die zum Nachlaß gehörenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten bewertet und Verbindlichkeiten erfüllt sowie Nachlaßgegenstände veräußert. Entsprechendes gilt für die Verwaltung des Nachlasses im Falle der Dauer- oder Verwaltungsvollstreckung und die Auseinandersetzung des Nachlasses unter den Miterben.

bb) Die Frage, ob die Testamentsvollstreckung allgemein eine nach Art. 1 § 1 RBerG erlaubnispflichtige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist, hängt jedoch nicht vom jeweiligen Einzelfall ab. Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsberatung kann angesichts dessen, daß nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit des einzelnen, der geschäftsmäßig die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ausüben will, ist vielmehr eine abwägende Beurteilung des jeweils beanstandeten Verhaltens danach erforderlich, ob es sich bei ihm um eine Rechtsbesorgung oder um eine Tätigkeit handelt, die ohne Beeinträchtigung ihrer Qualität und der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege auch von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann.

Dabei sind die öffentlichen Belange (Sicherung der Qualität der Dienstleistung und Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege), die den Erlaubnisvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes rechtfertigen, gegen die Berufsfreiheit desjenigen abzuwägen, dem wegen des Fehlens einer entsprechenden Erlaubnis die Vornahme bestimmter Handlungen untersagt werden soll (BVerfG WRP 2002, 1423, 1425; BGH GRUR 2002, 993, 995 – Wie bitte?!; GRUR 2003, 886, 887 – Erbenermittler). In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, ob der Auftraggeber im Rahmen der Geschäftsbesorgung eine besondere rechtliche Prüfung des Inhalts des Geschäfts oder der mit diesen verbundenen Risiken ausdrücklich wünscht oder zumindest erkennbar erwartet. Die entsprechende Erwartung richtet sich im Zweifel nach der Person und der Qualifikation des Geschäftsbesorgers, nach den verkehrstypischen Gepflogenheiten und nach den objektiven Maßstäben des jeweiligen Geschäfts (BGH, Urt. v. 30.3.2000 – I ZR 289/97, GRUR 2000, 729, 730 = WRP 2000, 727 – Sachverständigenbeauftragung, m.w.N.).

cc) Diese Abwägung führt zu einer grundsätzlichen Freiheit der geschäftsmäßigen Übernahme einer Testamentsvollstreckung vom Erlaubnisvorbehalt nach Art. 1 § 1 RBerG.

Die erbrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sehen eine besondere Qualifikation für das Amt des Testamentsvollstreckers nicht vor.

Nur im Fall der Geschäftsunfähigkeit oder beschränkten Geschäftsfähigkeit ist die Ernennung des Testamentsvollstreckers unwirksam (§ 2201 BGB). Eine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers kann nach § 2227 BGB nur auf Antrag eines Beteiligten erfolgen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Im übrigen nimmt der Erblasser die Auswahl des Testamentsvollstreckers häufig nicht im Hinblick auf dessen rechtliche Kenntnisse, sondern aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses zum Testamentsvollstrecker oder aufgrund von Kenntnissen und Fähigkeiten des Testamentsvollstreckers vor, die etwa auf wirtschaftlichem Gebiet liegen. Diese Fähigkeiten und Kenntnisse können bei der Durchsetzung des Willens des Erblassers im Vordergrund stehen und die von dem Testamentsvollstrecker erwartete Dienstleistung in erster Linie bestimmen, so daß es jedenfalls nicht maßgeblich auf die rechtliche Qualifikation des Testamentsvollstreckers ankommt. Wird gleichwohl die Beurteilung rechtlicher Fragen im Rahmen der Testamentsvollstreckung, insbesondere bei der Abwicklungsvollstreckung, erforderlich, kann und muß der Testamentsvollstrecker – wie dies der Erblasser auch erwarten wird – seinerseits Rechtsrat einholen. Eine mögliche Belastung des Nachlasses mit zusätzlichen Kosten für die Einholung von Rechtsrat durch einen nicht rechtskundigen Testamentsvollstrecker ist die für den Erblasser vorhersehbare Folge der Auswahl der Person des Testamentsvollstreckers. Daß die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege durch die geschäftsmäßige Besorgung von Testamentsvollstreckungen durch Personen, die über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügen, in einer Weise beeinträchtigt wird, die ein Verbot dieser Tätigkeit rechtfertigt, ist nicht festgestellt und wird auch nicht geltend gemacht.

Es läßt sich danach nicht feststellen, daß die öffentlichen Belange des Rechtsberatungsgesetzes – die Qualität der Dienstleistung in rechtlicher Hinsicht zu sichern oder die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu erhalten – gegenüber der Freiheit der Berufsausübung derjenigen, die das Amt des Testamentsvollstreckers versehen, überwiegen. Ein Verbot der geschäftsmäßigen Ausübung des Amtes des Testamentsvollstreckers ohne Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit somit nicht gerechtfertigt. Entsprechendes gilt für ein Verbot des Anbietens geschäftsmäßiger Testamentsvollstreckung.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.